Reisetipps für den Urlaub in Bayern oder ein paar freie Tage zu zweit

9. August 2012

Hauzenberg: per Fahrstuhl durch die Jahrmillionen.

An eine Zeitreise à la Captain Spock erinnert fühlen darf sich, wer die 20 Kilometer südlich von Freyung gelegenen „SteinWelten“ in Hauzenberg besucht. Hauptdarsteller dieses Dorados für Steine-Fans ist ein urtümliches Relikt aus der unteren Erdkruste: der Granit. Das an Quarz und Feldspaten reiche, aufgeschmolzene Gesteinsmaterial – hier im „Granitzentrum“ wird es sogar zum Filmhelden.

Auf Granit kann man – sprichwörtlich – „beißen“. Oder so richtig abfahren – je nachdem. Im „Granitzentrum Bayerischer Wald“ ist Letzteres nicht weiter schwer. Denn hier gibt es Granit nicht nur in Form eines alten Steinbruchs zu bestaunen. Granit „läuft“ hier auch im Kino. So laden die SteinWelten dazu ein, in einer 15-minütigen Dokumentation nachzuempfinden, wie dieses besonders harte Gestein entstand und wie er Landschaft und Leben in der Mitte Europas bis heute beeinflusst.

„Bis heute“: Das heißt in diesem Zusammenhang „Jahrmillionen lang“. Denn als der Granit, wie wir in heute kennen, in Tiefen von mehr als zwei Kilometern zusammengebacken wurde, war an Leben auf unserem Planeten noch nicht zu denken. Dann – viel, viel später kam der Mensch. Und weil der Granitan vielen Stellen des Bayerisch-Böhmischen Waldgebirges frei zu Tage tritt, hat er das Leben im Grenzland über viele Jahrhunderte geprägt.

Generationen – beschäftigt in Steinbrüchen oder im Baugewerbe –lebten so mit dem Granit und vom Granit. Den Aufwand, der nötig war, den Stein zu brechen und ihn seiner späteren Bestimmung nach zu bearbeiten, vermag man sic rückblickend kaum vorzustellen. Diamant-Trennscheiben (heute mit Titanbeschichtung), wie sie inzwischen in Gebrauch sind, waren bis weit in das vergangene Jahrhundert hinein vielerorts noch unüblich.

Seit Juli 2011 darf sich das Granitzentrum zu den 100 schönsten Naturdenkmälern in Bayern rechnen; doch ein beschaulicher Ort war der heute aufgelassene Steinbruch durchaus nicht immer. Hart wurde hier gearbeitet – manchmal sogar unter Einsatz des Lebens. Denn dass Arbeitsunfälle mit einem der härtesten Materialien der Welt nicht immer glimpflich ausgingen, zeigt ein steinernes Kreuz: Es erinnert an einen jungen Mann, der an dieser Stelle im Jahre 1970 sein Leben verlor. Und selbst denen, die heil nach Hause kamen, war in aller Regel kein geruhsamer Lebensabend beschieden: Um 1900 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines Arbeiters im Steinbruch gerade mal 36 Jahre …

Nach dem Film führt uns der Rundgang zum Fahrstuhl ins Erdinnere. Eine perfekte Sinnestäuschen, denn rauscht die neugierige Gast nicht mit dem ratternden Bergwerksfahrstuhl 20 Meter in die Tiefe – auch wenn es einem so vorkommen mag, wenn der Lift mit einem kalkulierten Ruck vermeintlich weit unter Tage ankommt. Dennoch lässt man sich gern gefangen nehmen von all den zauberhaft schönen Schätzen aus dem Schoß der Erde: bunte Mineralien, fluoreszierende Steine, leuchtende Kristalle, fein säuberlich aufgereiht in eine natürliche „Vitrine“, die dem Felsen abgerungen wurde.

Noch ein Tipp: Wenn Sie mal – etwa bei einem Ausflug ins nahe Oberösterreich – in der am Inn gelegenen Barockstadt Schärding vorbeikommen, sehen Sie sich die Pfeiler der alten Innbrücke genauer an. Sie wurden vor über 700 Jahren von Steinmetzen fertiggestellt. Eine Zeitspanne, die – trotz verheerender Hochwässer – am Granit hier völlig spurlos vorübergegangen zu sein scheint.

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