1. Juni 2012
Straubing: ZAZ & Co. rocken den Gäuboden.
Das Mittelalter: Wer denkt da nicht an Landkarten, die wie Fleckenteppiche aussahen? Ganz Europa – ein Kuddelmuddel aus Fürstentümern und Grafschaften, die eifersüchtig über ihre Besitzungen und Privilegien wachten. Auch in Niederbayern trieb diese Kleinstaaterei erstaunliche Blüten – und das Teilherzogtum Straubing-Holland zählt wohl zu ihren buntesten. Wenige Jahrzehnte währte die Kuriosität; doch die Folgen wirken bis heute nach. Ein Besuch im Zentrum des Gäubodens, das in diesem Jahr unter anderem mit einem neuen Musikfestival punkten kann.Doch zunächst zurück in ferne Vergangenheit: Die kleine Wittelsbacher-Kuriosität an Donau und Nordsee setzte sich aus Landstrichen zusammen, die heute zu Niederbayern und Oberösterreich bzw. zu den niederländischen Provinzen Friesland, Holland und Zeeland respektive dem belgischen Hennegau gehören. Amsterdam, Rotterdam, Delft und Mons, Passau, Vilshofen, weite Teile des Bayerischen Walds und Schärding: Sie alle waren unter einem Wappen vereint. Straubing-Holland bestand – in der Folge wittelsbachischer Erbteilungen – ab 1353 und endete mit dem Tod von Jocoba, der einzigen ehelichen Tochter Herzog Wilhelms des Zweiten, die zwar viermal verheiratet, aber kinderlos geblieben war, ehe sie – erst 35 Jahre alt – starb.
Das Herzogtum hatte zwei Residenzstädte: Straubing und die heutige Regierungssitz der Niederlande Den Haag, das zu jener Zeit noch von bescheidener Größe war. Die beachtliche räumliche Trennung der ungleichen Partner hatte auch ihr Gutes: Es gab viele Nachbarn – und mit den bedeutendsten waren die Herzöge durch Ehebündnisse gewinnbringend verbunden. Profitieren konnten in erster Linie die Niederländer, die so ihren Aufstieg zur See- und Handelsmacht begründeten.
Für die Donaustadt Straubing – schon aus geographischen Gründen von den weltumspannenden Seewegen abgeschnitten – hat das Herzogtum von anno dazumal wenig Nachhaltiges hervorgebracht, sieht man mal vom Straubinger Herzogsschloss ab. Dafür nahm die Stadt im Laufe der Jahrhunderte eine Entwicklung, die sie zwar nicht wirtschaftlich, aber in den Köpfen der Menschen ganz ins Zentrum Niederbayerns rückte: als „heimliche Hauptstadt“, wie die Straubinger noch heute sagen. Selbst der berühmte „Römerschatz“ ist da nur dekoratives Beiwerk.
Und wie es sich für eine wahre Metropole geziemt, hat Straubing tatsächlich jede Menge zu bieten: ein äußerst schmuckes Zentrum und Festivitäten, um die sie auch weit größere Kommunen beneiden. Allen voran: das Gäubodenfest, nach dem Oktoberfest das zweitgrößte Volksfest Bayerns. In diesem Jahr (10. – 20. August) feiert es sein 200. Jubiläum – und dieser magische Geburtstag will gebührend gefeiert sein. Zum Beispiel mit dem Niederbayerischen Musikantenstammtisch, der am 30. Juni im Innenhof des Straubinger Herzogsschlosses stattfindet und den alterwürdigen Bau in einen gemütlichen Biergarten verwandelt.
Noch mehr Feierlaune verbreitet indes das Musikfestival „Bluetone“, das – als Nachfolgerin der bisherigen „Jazz an der Donau“-Reihe – vom 12. Bis 15. Juli ein echtes Premiere-Highlight setzt. Für den neuen Mix unterschiedlichster Musikgenres haben die Veranstalter klingende Name aufgeboten: die französische Jazz- und Soul-Diva Zaz (12.7.), den Posaunen-Virtuosen Trombone Shorty aus New Orleans, die Funk- und Acid-Pioniere Incognito plus Italiens Soul-Star Mario Biondi (13.7.), dazu die Edel-Fusion-Formation Fourplay, die Musik-Giganten Stanley Clarke und Stewart Copeland sowie die Gesangsstars Lizz Wright & Raul Midón Band (alle 14.7.).
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