Reisetipps für den Urlaub in Bayern oder ein paar freie Tage zu zweit

28. Dezember 2022

Aktiv gegen Stress: Eine Kur in der Rottal Therme.

Eine Kur, die erwiesenermaßen helfen kann, einem drohenden Burnout vorzubeugen? Und das zu 90 Prozent bezuschusst von der Krankenkasse? Das wollte ich unbedingt selbst erleben und reichte meinen Antrag auf eine ambulante Badekur in Bad Birnbach mit der Empfehlung meiner Hausärztin direkt bei der Kasse ein. Auf ein aufklärendes Telefonat zwischen Kurmanagement und Krankenkasse folgte die Bewilligung: Meiner AGES-Präventionskur („Aktiv Gegen Erschöofung und Stress“) stand nichts mehr im Wege! So ging es Ende November nach Niederbayern …

Eigentlich ist die Erfolgsgeschichte der Rottal Therme in Bad Birnbach die eines Irrtums, eines glücklichen Irrtums. Zurück geht er auf das Jahr 1939, das Jahr, in dem sich Hitlerdeutschland anschickte, Europa mit Krieg zu überziehen. Für die imperialen Gelüste des Diktators wurde Erdöl benötigt – im Rottaler Erdreich vermutete man größere Vorkommen. Also wurde gebohrt; doch was zum Vorschein kam, war nicht Öl, sondern heißes Wasser, für das man allerdings keine Verwendung hatte. So wurde das Bohrloch wieder zugeschüttet, um es 34 Jahre später wieder zu öffnen. Im Birnbacher Rathaus hatte man sich der unverhofften Entdeckung besonnen und endlich die eigene Chance erkannt.

Heute umfasst das Birnbacher Therapiebad dank seiner sprundelnden Quellen acht verschiedene Becken im Temperaturbereich von 17 °C (Kneippbecken kalt) bis 40 °C (Heißwasserbecken, Kneippbecken heiß); vor allem Rheuma- und Arthritisleidenden verspricht das je nach Entnahmequelle bis zu 70° C heiße Wasser Linderung. Es gibt Schwimmer-, Ausschwimm- und Rundbecken, Becken für Einzel- und Gruppentherapie. Hinzu kommt das umfassende Angebot des Vitariums, das u. a. mit Kräutersauna, Salzwasserbecken und Gradierwerk ausgestattet ist.

Meine AGES-Kompaktkur, die in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilian-Universität München entwickelt wurde und dort auch wissenschaftlich evaluiert wird, stellt ein Unikat dar: Nirgendwo sonst, so höre ich, wird eine Kur in dieser Form angeboten. Die AGES-Präventionskur erstreckt sich über drei Wochen, wobei dem ersten, zweiwöchigen Aufenthalt nach rund einem halben Jahr eine zweite Woche folgt. In diesen sogenannten Refresher-Tagen sollens ich die Teilnehmer vergewissern, wie gut sie das Gelernte verinnerlichen und in ihren Alltag integrieren konnten. Auf diese Weise, so die Argumentation, kann die Wirkung nachhaltig überdauern, statt nur als Streufeuer zu verpuffen. Unser Tagesprogramm ist durchaus ambitioniert, und die etwas verwinkelt angeelegte Thermengebäude sorgt für zusätzliche Herausforderungen. Doch in der Routine des Ablaufs und vor allem dank des Austauschs innerhalb unserer sechsköpfingen Gruppe gewinne ich rasch Zutrauen. Es ist ein Gewinn, von den Alltagsnöten der Anderen zu erfahren und zu verstehen, dass sie den eigenen ähneln. Im Gesprächskreis mit der Therapeutin kommt alles auf den Tisch – jedenfalls alles, was man selbst bereit ist mitzuteilen.
Dazu kommen natürlich die Anwendungen. Zum Repertoire zählen neben dem Bewegungsbad (als kontrollierter Selbstbehandlung) Entspannungsübungen nach Jacobson, verbunden mit der sogenannten Traumreise, Krankengymnastik an verschiedenen Geräten, Nordic Walking und Bogenschießen, Naturfango-Packungen und Klassische Massagetherapie (KMT). Nichts artet ´wirklich in Anstrengung aus; wir haben Zeit und Gelegenheit, unser ganz eigenes Tempo und Belastungsniveau zu finden. Es wird viel gelacht und weil wir alle aus ganz unterschiedlichen Branchen kommen, gibt es immer etwas zu erzählen. Nach unserem Abschiedsabendessen sind wir endgültig eine Gemeinschaft geworden. Dieses Gefühl möchten wir uns unbedingt bewahren! Darum richtet einer der Teilnhemer für uns alle eine Whatsapp-Gruppe ein, in der nach unserer Rückkehr schon bald munter Bilder und Grüße hin- und hergehen. „Aufeinander achtgeben“, lautete ein Satz, mit dem wir auseinandergingen.

Übrigens: Überraschend fit zeigt sich die öffentliche Mobilität in Bad Birnbach. Täglich zwischen 8 und 20 Uhr verkehren im Ortsgebiet zwei selbstfahrende sogenannte HEAL-Busse, die über Telefon oder App buchbar sind. „Bestellt“ werden können die Shuttles sieben Tage im Voraus und bis zu drei Minuten vor Fahrtbeginn; 20 Haltestellen binden diverse lokale Einrichtungen ein, darunter natürlich auch die Rottal Therme. Wer trotzdem lieber mit dem eigenen Auto zur Therme fahren möchte, kann in Tiefgaragen oder auf dem Deck parken. Von dort sind es nur wenige Schritte zum Eingang.

Meine Unterkunft für den zweiten Aufenthalt im kommenden Jahr habe ich inzwischen reserviert. Bad Birnbach bietet eine große Auswahl in allen Preisklassen. Auch wenn mir meine Ferienwohnung in Hirschbach durchaus gefiel: Das nächste Mal werde ich sehr viel näher an der Therme wohnen, damit ich zu Fuß laufen und auch mal das Auto stehen lassen kann. Und auch in unserer Whatsapp-Gruppe hat sich etwas getan: Dieser Tage schrieb R., dass ihm nach vor Weihnachten ein neuer Job angeboten worden ist. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet! Wir alle freuen uns für ihn und hoffen, nächstes Jahr vielleicht auch selbst gute Nachrichten mitbringen zu können.

Dieser Artikel wurde 4.940 mal angesehen.
älterer Artikel neuerer Artikel